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Kübra Gümüşay

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ICH REISE PER ANHALTER DURCH DIE GALAXIS. ENDLICH.


Ein Freund und ich ergründen grad den Sinn des Lebens, als ich einen dicken Wälzer auf seinem Tisch entdecke: “Per Anhalter durch die Galaxis” Ach, welch Überraschung! “Ich wusste gar nicht, dass das Buch auch politische Elemente hat”, sage ich. “Hat es auch nicht, jedenfalls nicht im klassischen Sinn”, antwortet er. – “Achso.” Ich grüble. “Und was lernst du dann draus?” – “Nichts. Außer über die Sinnlosigkeit solcher Konzepte wie Sinn vielleicht.” Ich schaue ihn irritiert an. Er schaut noch irritierter zurück. “Sag mal, Kübra. Wann hast du zuletzt einfach so zum Spaß ein Buch gelesen?”

Ich weiß nicht, wie mein Gesicht in dem Moment aussah. Vermutlich wie ein Auto. Aber ich dachte nur: Verdammt. Ich, kann mich nicht erinnern. Gerade lese ich wieder einmal einen Band über den Islam und die Moderne. Typisch! Typisch für Minderheiten, die sich mit sich selbst beschäftigen. Man wird nicht nur von Außen auf die Minderheiten-Identität reduziert, sondern macht selber mit.

Schwule, Juden, Muslime, Schwarze, Ausländer und Frauen sind damit nur noch schwul, jüdisch, muslimisch, schwarz, ausländisch und Frau. Und am Ende dieser Einbahnstraße stehen dann Menschen wie Broder.

Eigentlich möchte ich mich als Muslimin gar nicht so intensiv mit dem Muslimsein oder Rassismus beschäftigen. Viel angenehmer wäre es für mich, könnte ich mich hauptsächlich mit Kunst befassen. Oder einfach mal ein blödes Buch lesen.

Kann ich aber nicht. Denn Menschen werden zu Minderheiten gemacht. Sie werden aufgrund einer ihrer Identitäten benachteiligt. Wenn sich Minderheiten mit Diskriminierung beschäftigen, beschäftigen sie sich vor allem mit der Mehrheitsgesellschaft. Sie machen ihre Hausaufgaben vor dem nächsten Gespräch. Sie reflektieren. Weil Bedarf besteht. Und weil vor unserer Gesellschaft Anderssein entschuldigt und gerechtfertigt werden muss.

Schwule müssen der Mehrheit ihre Partnerschaft erklären. Und natürlich wann sie sich geoutet haben. Ein Mädchen mit Kopftuch muss erklären können, warum sie das Kopftuch trägt. Und sowieso muss sie den Islam und alle islamischen Regime der Welt verteidigen. Oder meine Freundin Pamela. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater kommt aus Burkina Faso. Bei neuen Bekanntschaften muss sie erzählen, wie sich ihre Eltern kennengelernt haben. Man nimmt sich das Recht heraus, in ihre Privatsphäre einzudringen.

Das Fragen an sich ist nicht schlimm. Wenn da nicht diese Selbstverständlichkeit wäre. Auch ich antworte gerne auf Fragen. Aber der Grund sollte sein, dass die Person so nett gefragt hat. Nicht weil sie ein Anrecht auf diese Information hätte.

Trotzdem erwische ich mich häufig dabei, wie ich mich bereits vorauseilend für mein Abweichen von der Norm entschuldige. Ich beantwortete Fragen, die mein Gegenüber noch gar nicht gestellt hatte. Ich muss alle Bücher und Artikel lesen, die das Thema Identität betreffen könnten. Alle Filme schauen.

Zum Abschied schenkt mir der Freund das Buch. Mit Widmung: “Liebe Kübra, hier mal was anderes.” Endlich.

taz, Tuch-Kolumne, 24.11.2010

journalist, columnist and author of this blog. a turkish-german muslim juggling politics, feminism, cyberculture and life between germany, istanbul, oxford & the world.

Comments

  • November 25, 2010
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    Anonymous

    genau das ist es…wir sind so damit beschäftigt uns wieder moralisch aufzubauen, das wir gar keine zeit zum lernen an sich haben, oder mal zeit etwas neues auszuprobieren!!!!

  • November 25, 2010
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    Anonymous

    Super Artikel :)

  • November 25, 2010
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    Hast recht wir sollten nicht lesen, um uns vor anderen besser rechtfertigen zu können. Lesen ist immer etwas persönliches. Auch ein Buch das man mal so aus Spaß liest erweist sich als ein Nützliches um sich selber zu entwickeln. Wir sollten lesen um Mensch zu werden und Mensch zu bleiben. Zum Menschen gehört nun mal dicke Bücher mit Theorien, Gedanken und Politsches zu lesen, aber auch mal etwas lustiges, entspannendes und erfreuliches zu lesen, denn der Mensch ist das Wesen das Lachen kann.

  • November 25, 2010
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    Anonymous

    Zu beachten ist trotz allem, dass wir als Muslime die Pfilcht haben uns zu bilden. Besonders sich in unserer Religion Islam auszukennen ist Pflicht. Deswegen bitte Bücher für die Bildung nicht unterbewerten.
    Aber ich verstehe, worauf du hinaus willst.

    Am besten : lesen und sich selber weiterbilden. Aber wenn andere etwas fragen, sollte man denen antworten: “Wozu gibts Internet?”
    Ich habe schon so oft die selbe Fragen beantwortet und es hat niemandem weitergeholfen, weil diese es einfach nur fragen, ohne es verstehen zu wollen. Denn erst, wenn man den Willen besitzt etwas verstehen zu wollen, kann man es auch verstehen. (Die meisten Menschen, die fragen, wollen einfach ihre Zweifel über deine Religion zum Ausdruck bringen und dich selber auch von deiner Religion zweifeln lassen.)
    Der Wille muss gewollt und gesollt sein(nach Kant). Wenn dieser Wille nicht gewollt und gesollt ist, dann kommt man auch nicht weiter.
    Da die Meisten, die Fragen stellen, eh nicht die Wahrheit wissen wollen und nur das hören, was sie hören wollen, werden sie nie(egal wie gut und richtig deine Antworten auch sein mögen) die Antwort verstehen.

    Zusammenfassend:

    1. Wie du sagst, sollte man sich nicht gezwungen fühlen zu antworten!
    Diese Selbstverständlichkeit eine Antwort zu erwarten nervt mich auch! (Einfach sagen : “Habe keine Lust” oder “Geht dich nichts an” oder “Schau im Internet nach” oder “Sag ich nicht” oder “das ist privat” oder …)

    2. Es bringt meistens nichts, wenn du ihnen eine Antwort gibst!!! Die Menschen sind zu doof um den Alkoholverbot, den Schweinefleischverbot, die Kopftuchpflicht und anderes zu verstehen.
    Ich frag mich echt manchmal, wie dumm Menschen sein können Aber naja… das hat nichts mit dem Thema zu tun. Es ist einfach schade die anderen Menschen so zu sehen. Aber die Dummheit der anderen beweist, dass der Islam eine Religion für Intellektuelle ist. Also hat deren Dummheit auch was gutes.
    Tut mir Leid, dass ich so vom Thema abschweife.

    P.S.: Mit Dummheit meine ich hier, dass die Menschen zu dumm sind um den Islam zu verstehen und die Wahrheit in dieser Religion zu sehen. Also Dummheit im Alltag oder in der Schule oder sonst wo oder andere Arten der Dummheit sind nicht gemeint.

  • November 25, 2010
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    Und, gelesen? Die Antwort ist 23, ist doch klar.

    Ich habe den Anhalter über die Jahren mit ähnlichen Argumenten selbst einer lange Reihe von Akademikerinnen in die Hand gedrückt und hoffe, der große Mister Adams bekommt eine neue Fanin.

    Ansonsten ist die Frage nach dem Sinn des Leben natürlich längst anderswo beantwortet: http://www.youtube.com/watch?v=Bt84uBuGKNk

  • November 25, 2010
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    Alta, is de Buch nisch 20 Jahre su alt fur Dich? :o

  • November 25, 2010
    reply

    Anonymous

    Hallo Nr. 4

    wozu gibts Interent…… Klar, da lande ich bei den Deutschen Taliban Mujaheddin und lerne, dass es voll goldgräbermäßig ist, so kurz vor dem Jüngsten Tag noch schnell ein paar Ungläubige abzuknallen. Solch “gute Taten” zählen jetzt nämlich vielfach vor Allah. Sündenvergebung für die eigene Sippschaft (bis zu 70 Leute, glaube ich) inklusive.

    Da kann es schon mal drastisch werden, mit “der Wahrheit”. Oder ich schaue mir an, wie ein aufgehetztes Kind einem pakistanischen Beamten den Kopf absägt und wundere mich, wie lange der noch schreien kann.

    Ich glaube dann immer, dasss ich die Wahrheit dieser Religion eigentlich vollständig verstanden habe und verstehe dann nur nicht, wie man so etwas glauben kann. Dies zu verstehen, bin ich wahrscheinlich wirklich zu dumm.

    Dein P.S. ist wirklich sehr lieb geschrieben.

    Ich würde nämlich nicht sagen, dass ich durchgängig dumm bin; ein bisschen schwer von Begriff in Mathe, aber dafür leidlich sprachbegabt; auch Textinterpretation und SUDOKU gehen einigermassen.

    Wie man aber an einen jüngsten Tag, die Wiederbelebung sämtlicher Leichen der Weltgeschichte, von denen die Bösen bereits im Grabe Haue von irgendeinem Engel bekommen, glauben kann, obwohl man 20. Jhd. bei leidlich Menschenrechten und Wohlstand lebt und von den Früchten der Wissenschaft spätestens bei Zahnschmerz doch mitprofitiert, dafür, das zu verstehen, habe ich kein Organ.

    Die Christen nennen das (inzwischen) “religiös unmusikalisch”. Der Papst spricht freundlich von einer säkularen Intelligenz, mit der er einen Dialog wolle. Ist schon mal ein interessanter Ansatz; ich würde vielleicht eher von seelisch nicht behindert sprechen, aber mit den Christen kann man wenigsten reden (mit einigen zumindest). Letzten endes bleibt vieles natürlich auch krass absurd, befremdlich, peinlich und abstoßend, was man da zu hören bekommt. Aber es ist doch nicht so sehr von selbstgefällig wehleidig herablassender Agressivität durchsetzt, wie das, was ich von Moslems immer wieder zu hören bekomme.

    Alle Menschen sind angeblich mit dem korrekten Glauben an die all- mächtige, -wissende und -barmherzige Eingottheit geboren. Wer sich daran nicht mehr erinnert, dem wurde diese göttliche Eingabe weggeätzt. Von wem? Z.B. von den Eltern. Wenn es sich bei diesen um Kreuzesanbeter handelt (vorliegend zutreffend), dann braucht man sich über nichts zu wundern, denn diese sind schlimmer als das Vieh. Soviel von Allah dazu.

    Fortsetzung kommt noch

  • November 25, 2010
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    Anonymous

    Fortsetzung von Nr. 7

    OK, ich hatte den einen oder anderen Generationenkonflikt, aber schlimmer als das Vieh; das würde ich so nicht unterschreiben. Ich lerne also, ohne es vollständig zu verstehen, dass ich von Wesen abstamme, die aus irgend einer Panne in der Landwirschaft hervorgegangen sind. Diese könnten dafür verantwortlich sein, dass ich nichts von der Allgüte einer Wesenheit namens Allah verspüre.

    Streng koranisch betrachtet könnte es sich bei mir um eine Mißgeburt handeln. Erst mal nur als eine Hypothese. Doch dann horche ich auf: ich sehe in Kommentaren von Chats und youtube Verwünschungen wie: geh’ sterben du Mißgeburt! und hatte sofort einen furchtbaren Verdacht:

    Könnte es sein, dass Moslems so reden, dass sich da ein Kreis schließt von Koran zu “Kanacke”? (Iron. Selbstbezeinung aus preigekröntem Mirgantenfilm) Und dann die furchtbare Wahrheit: So war es. Aggromoslems fluchen nicht irgendwie, sondern anscheinend auf dem Wege Allahs.

    Wenn Ihr keinen Bock mehr habt, jedem Deppen, der Euch dumm anquatscht, zu erklären, was Ihr eigentlich glaubt und warum ihr welche wunderlichen Verhaltensweisen als religiöses Gesetz beachtet, dann habe ich volles Verständnis dafür; andere tun das bereits zu genüge. Dass es trotzdem immer wieder koranignorante Ungläubige unternehmen, Euch talkshowtelegene Moslems anzuquatschen, ist echt eine Zumutung.

    Diese nur scheinbar oberflächlichen durchtriebenen Leugner wagen die nicht wirklich gut begründbare Vermutung, Ihr könntet anders sein, weil ihr Abi habt, kluges deutsch redet, trendy gestylt seid, oder auch nur Guten Morgen! sagt. Was für ein listiger Ansatz, Euch von der wahren Religion abzubringen, ist das vielleicht womöglich auch noch.

    Genügend andere Moslems dagegen bleiben ungefragt beredt und lassen Taten sprechen. Und mit deren Taten und Worten kann ich genug anfangen, um herauszufinden, woran ich bin, als Ungläubiger, Verzeihung Leugner.

    Ungläubiger ist übrigens verharmlost übersetzt. Kafir heißt nicht einfach ungläubig, sondern: die Wahreit verdecken. Wenn ich also sage: Ich merk nix von Allah! dann muss ein koranbelesener Moslem sofort mißtrauisch werden und sich sagen: Der lügt; der spürt Allah ganz genau; der streitet das nur ab, und das gerade nicht, weil er dumm wäre, sondern weil er ARROGANT ist und undankbar; und in dieses Unheil will er andere Menschen auch noch hineinreissen. Etwas Hitzigkeit in Augenblitzen und Sprachstil sind sodann für mich kein Wunder mehr. Absolut logisch; völlig nachvollziehbar.

    Also: erspart Euch Eure sowieso vergebliche Liebesmüh. Geniest die Früchte der Leugner, soweit es Euch erlaubt ist. Haltet Euch einfach an den bewährten Grundsatz: Die Arbeit tun die anderen. Die schaffen dann auch richtig kernige Konvertiten ran und nicht irgendwelche wirren Weicheier.

  • November 25, 2010
    reply

    Recht zynisch muss ich sagen

  • November 25, 2010
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    Sicher zynisch, trifft aber doch die Stilhöhe von Nr. 4.

  • November 25, 2010
    reply

    Anonymous

    Sie armes Hascherl, jetzt hat ihnen das rassistische Deutschland sogar einseitige Lesegewohnheiten aufgezwungen.

  • November 25, 2010
    reply

    @4:Den Alkoholverbot und den Kopftuchpflischt versteh isch voll, ischwör !
    Muslims brauchen großen Despoten, die ihnen korrekt sagen, was sie tun und lassen sollen, wallah Alta, ischwör !

    Erlaubt und verboten Alta, so erzieht man korrekt freie Menschen und deswegen sieht es in moslemischer Welt auch so krass fortschrittlich aus und jede Woche neuer Nobelpreisträger, wallah !!

    Aber du hast voll Rescht Brudda, Islam is voll so Religion fur Intellektuelle, ischwör.

    Sorry für meinen Sarkasmus, aber das war unvermeidbar…

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