MOZART UND SAZ
Ein türkischer Kurzfilm rechnet ab.
“Mutlu ol! Bu bir emirdir.” (Sei glücklich! Dies ist ein Befehl.)
Da der Kurzfilm auf Türkisch ist und Nichttürken nebst des Nichtverstehens der Sprache zumeist außerdem auch nicht über die nötigen Hintergrundinformationen verfügen, hier die Erklärung:
Der Kurzfilm handelt von den Maßnahmen Atatürks während der türkischen Staatsgründung, um die Gesellschaft zu verwestlichen bzw. die westliche Kultur näherzubringen. Beispielsweise wurde hierfür die arabische durch die lateinische Schrift ersetzt, die islamische Zeitrechnung abgeschafft, der Sonntag als Feiertag eingeführt und – darum geht es in dem Kurzfilm – in den Radios durfte nur noch westliche Musik gespielt werden.
Sehr lustig wird in dem Kurzfilm die Absurdität dieses Verbots dargestellt: Die Soldaten verbieten den Musikern das Spielen türkischer Volkmusik, sie sollen Stücke von berühmten westlichen Komponisten spielen. Dabei haben die Soldaten höchste Schwierigkeiten überhaupt die Namen der Komponisten auszusprechen. Einer der Soldaten mit einem sehr starken dörflichen Dialekt fordert die Musiker auf, sich zeitgemäß zu verhalten, modern zu werden und glücklich zu sein. “Sei glücklich”, (Mutlu ol!) befiehlt er. Als dann der Saz-Spieler mit Leichtigkeit und auf türkische Art Beethoven und Mozart auf seinem traditionell türkischen Saz spielt, stimmen nach kurzem Zögern auch die Soldaten mit ein (das Lied, das sie zuletzt spielen).
Es bleibt die Erkenntnis, dass man ein Volk zu nichts zwingen kann – schon gar abrupt und mit Gewalt seine jahrhundertealten kulturellen Wurzeln loszulassen. Und: Das eine Kultur die andere nicht ausschließen muss.
Mozart und Saz – das geht also wunderbar.