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Kübra Gümüşay

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Thomas Rohde
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QAIS, IRAQ

Qais ist ein kluger Mann. Ein Laecheln auf dem Gesicht, ein warmes Herz. Seit fuenf Tagen reisen wir gemeinsam mit einer Grupper Blogger und Aktivisten aus der ganzen Welt durch verschiedene Staedte der USA. Wir sprechen ueber alle moeglichen Konflikte in der Welt, wir diskutieren und lachen viel. Wir essen und trinken. Wir hoeren zu und sprechen.

Nicht ein einziges Mal habe ich Qais nicht laecheln sehen. “Kennst du Ibrahim Tatlises?”, fragt er mich. Dann zaehlt er seine vielen tuerkischen Lieblingssaenger auf. Bei Mahsun Kirmiziguel macht er halt und zwinkert. Kirmiziguel ist Kurde, sowie Qais.

Wir landen in Atlanta. Qais’ Namensschild haengt noch an seinem Hemd. Auch “Iraq” steht auf dem Schild. “Yeah, you’re free now!”, ruft ein Amerikaner, der sein Schild entdeckt. Wir bleiben schockiert stehen. Sollen wir etwas sagen? Wird Qais etwas sagen? “Ok, come to my country. You will see”, sagt Qais. Und laechelt.

Er sitzt auf dem Podium und diskutiert mit anderen Panelisten aus unserer Gruppe auf einer Bloggerkonferenz ueber den arabischen Fruehling. Eine Frage zu der kritischen Beziehung zum Iran wird gestellt. Man will dass er sich feindlich dazu aeussert. Qais Augen huschen durch das Publikum, er entdeckt Mehdi, den iranischen Blogger in unserer Gruppe. “Schaut”, sagt er, “das ist mein Freund Mehdi. Wir waren gestern Abend zusammen Schischa rauchen. Dieser Konflikt ist ein Konflikt der Politik, nicht der Menschen.” Qais laechelt.

Dann, irgendwann im Laufe des Panels, erzaehlt er von Videos, die er nie veroeffentlicht hat. Von Toten und Verletzten. “Sie sind so schlimm, dass sie die Videos nicht ertragen wuerden. Und ich habe so viele.” Qais Gesicht ist freundlich. “Mein Schwager wurde vor zwei Wochen umgebracht. Ich habe ihn in zwei Teilen wiedergefunden”, sagt er. Und er laechelt.

Dann entdecke ich die Trauer in seinen Augen. Sie war die ganze Zeit schon da.

journalist, columnist and author of this blog. a turkish-german muslim juggling politics, feminism, cyberculture and life between germany, istanbul, oxford & the world.

Comments

  • Juni 17, 2011
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    Schoener Text. Viele Gruesse, unbekannterweise, an Qais!

  • Juni 23, 2011
    reply

    ‘Dann entdecke ich die Trauer in seinen Augen. Sie war die ganze Zeit schon da.’

    Wie wahr! Nur sehen wollen wir das nicht immer..

  • Juli 29, 2011
    reply

    Anonymous

    liebe kübra, danke für das teilen deines erlebens, du hast meinen freitag gerettet, ich bin froh dich gelesen zu haben. herzliche grüße von sabine aus der provinz im hohen norden:)hach ich freu mich so über dich:)) menschlich, global, politisch, wegschauen kann ja jeder, DANKE.

  • Februar 20, 2012
    reply

    Paule

    Bis hierhin habe ich mich schon zurückgearbeitet, und möchte mir nun ein Urteil erlauben:
    Toller Blog, wunderschöne Sprache, spannende Sichten.

    Danke, und: Weitermachen.

    Paul.

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