IM SPIEGEL
Vor einem Monat bin ich mit ein paar Freunden durch Marokko gereist. Im Bahnhof von Fes ging ich ins Bad um mich frisch zu machen. Vor dem Spiegel leistete mir eine Frau in meinem Alter Gesellschaft. Während ich aus meiner Handtasche eine Bürste heraus holte und begann meine Haare zu kämmen, fing sie zeitgleich an ihr (sehr schön verziertes) Kopftuch neu zu stecken. Ich wuschelte meinen widerspenstigen Pony zurecht, sie zupfte am Tuch hin- und her, das sich nicht weniger zu sträuben schien. Nach gefühlten 5 Minuten saßen Haare wie Tuch zur allgemeinen Zufriedenheit. Noch ein letzter Blick in den Spiegel, dann lächelten wir uns an. Es war ein verstehendes Lächeln, eine kurze Verbindung. Sie ging zu den Gleisen und ich zurück zu meinen Freunden, schmunzelnd.
Vielen Dank an Claudia Knigge für diese wundervolle Geschichte, die sie mir vor zwei Tagen schickte, und ganz besonders vielen Dank, dass ich sie hier teilen darf. :)
Anonymous
“saßen Haare wie Tuch zur allgemeinen Zufriedenheit.”
Man kann vieles verzeihen, aber mutwillige Häßlichkeit ist nicht zu vergeben. Das Strafgericht der Weltenläufe ist schon im gange – und das kennt keine Gnade.