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Kübra Gümüşay

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BITTE BEFREIT JEMAND ANDEREN II

Vor einigen Wochen wurde ein fremdwörterbuch in der Reihe WWWGirls von der Mädchenmannschaft per E-Mail interviewt und vorgestellt “Ich habe gelächelt und ihnen zugewunken”. Danke dafür, das ehrt mich sehr!
Jedenfalls ging es darin um das Bloggen, wie ich dazu kam und welche Veränderung es mit sich brachte. Hier ein kurzer Auszug:

Was dir ohne Internet nicht passiert wäre:

Oh, ganz viel wäre mir ohne das Internet nicht passiert. Aber diese Geschichte mag ich besonders gerne: Eine Leserin schrieb ihrer Cousine in Oxford, dass es da ein Mädchen in London gäbe, das genauso wie sie in England Politik studiert, muslimisch ist und aus Deutschland kommt. Mit ihr müsse sie sich unbedingt treffen. Daraufhin schrieb mir die besagte Cousine eine nette E-Mail, wir telefonierten, ich zeigte ihr London, sie mir Oxford, dann reisten wir gemeinsam nach Irland und wurden Freunde.
(weiter)

In den Kommentaren ging es dann relativ schnell um das Kopftuch – eine interessante Diskussion. Irgendwann habe ich auch meinen Senf dazu gegeben.

Und der sah dann so aus:

(Wie Helga bereits postete, schrieb ich schonmal etwas zu diesem Thema.
http://www.taz.de/1/debatte/kolumnen/artikel/1/mein-kopf-gehoert-mir/ )

Hätte ja mal sein können, dass man einen Menschen in mir und meinem Blog sieht und nicht eine Kopftuchträgerin, die meint, sie sei frei, was sie ja aber eigentlich – wie wir alle nun wissen – gar nicht ist, weil ihr die Entscheidung, das Kopftuch zu tragen indirekt durch Eltern, Familie und Gesellschaft anerzogen wurde. Ja ja. So ist das.

@maria und alle anderen auch:

Genauso wie du dich anscheinend durch bestimmte Dinge angegriffen oder provoziert fühlst, fühle auch ich mich provoziert und verletzt: Von Menschen, die mich und mein Kopftuch bemitleidend ansehen, um dann erzürnt zu schimpfen, wenn ich wider Erwarten auf Deutsch und ohne Akzent erkläre, dass das Kopftuch meine eigene Entscheidung ist.

Wie sie mir mit jedem arrogant-herablassenden Satz eigentlich nur eines sagen wollen:

Du bist unmündig; die Entscheidungen, die du triffst, sind eigentlich gar nicht deine; du merkst gar nicht, dass du unterdrückt wirst; Wozu gab es die sexuelle Revolution? Wozu hat man und kämpft heute immernoch um Frauenemanzipation?; Man zwingt dich das Kopftuch zu tragen, du weißt es nur nicht.
Kurz: Du bist zu dumm, um zu merken, wie schlecht es dir geht.

Wem jetzt nicht vor Empörung und Wut der Mund schäumt, ist blind oder ignorant. Darf man so mit irgendeinem Menschen umgehen? Und warum tut es man ständig (wie ich es erlebe) mit kopftuchtragenden Frauen?
Ist etwa eine kopftuchtragende Frau weniger Mensch als eine, die keines trägt oder einen Minirock oder eine Hornbrille, dass man sich derartig das Recht nimmt, so über sie zu urteilen und meint, mit ihr so umspringen zu dürfen?

Mit welchem Recht wirft man mir all diese Dinge vor? Mit welchem Recht stellt sich dieser Mensch über mich und meint, mich belehren zu müssen? Mit welchem Recht werde ich wie eine Dumme behandelt, die nicht eigenständig denken kann?

Schade, dass ich das schreiben muss:

Ich bin nicht bescheuert.

Ich reflektiere mein Leben, meine Entscheidungen, meine Religion, meinen Alltag, meine Umgebung und meine Beziehungen. Schade, dass ich eine solche Selbstverständlichkeit schreiben muss.

Ich lese Bücher zu allen möglichen Themen und Theorien. Was ihr sagt und schreibt, ist mir nicht neu. Aber das ändert nichts daran, dass ich mein Kopftuch tragen möchte. Und auch werde. Schade, dass ich auch das schreiben muss. Schade, dass ich erwähnen muss, dass ich Bücher lese.

Und ich bin es müde, es wiederholen zu müssen. Das Kopftuch ist meine Entscheidung. Punkt. Ich habe es satt, dass sich Menschen anmaßen, meinen Verstand und meine Vernunft in Frage stellen zu müssen.

DAS finde ich diskriminierend. DArunter leide ich. Und es gibt keinen einzigen Grund auf dieser Welt, das solch ein Verhalten und solch eine Diskriminierung auf täglicher Basis rechtfertigt. Jeden Tag und überall meinen Verstand rechtfertigen zu müssen macht mich müde.

Ich fühle mich diskriminiert. Du fühlst dich diskriminiert, Maria. Aber ich sehe die Lösung nicht darin, dir dein Leben und deine Lebensweise zu verbieten oder sie als eine Gefahr für mein Lebensweise zu sehen. Oder auch nicht herablassend, orientalistisch und diskriminierend auf dich herabzuschauen. Ich verstehe dich. Ich verstehe deinen Ärger. Weil ich einen Menschen in dir sehe.

journalist, columnist and author of this blog. a turkish-german muslim juggling politics, feminism, cyberculture and life between germany, istanbul, oxford & the world.

Comments

  • August 31, 2010
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    Anonymous

  • August 31, 2010
    reply

    ilhaam

    liebe kübra –
    die ewige diskussion…aber: lass dich nicht irritieren. folgender link passt wie die faust aufs auge und wird dich sicher aufmuntern :)

    http://www.youtube.com/watch?v=0sYPqoax_6c

  • September 1, 2010
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    Anonymous

    Du bist ja jetzt fast schon eine Prominente, es wäre gut wenn du dich für den Islam mehr einsetzt, komm doch mal zu uns ins Forum:

    http://www.ahlu-sunnah.com/

    Inshalla werden konstruktive Disskussionen entstehen!

    lg

  • September 2, 2010
    reply

    Liebe Ilhaam, danke für den Link! :)

    Liebe/r Anonym: Ne, eine Prominente bin ich zum Glück nicht. Aber vielen Dank für den Hinweis, den Link schaue ich mir mal an iA. :)

  • September 2, 2010
    reply

    Anonymous

    Eine Bitte Kübra, halte dich von diesem Ahlu Sunnah Forum fern.

    Im Bereich Politik und Weltgeschehen werden Selbstmordattentate bejubelt und als Selbstaufopferung beschrieben.

    Vor solchen Muslimen hat die Gesellschaft Angst und das fällt leider dann auch auf die normalen Muslime zurück.

  • September 2, 2010
    reply

    Anonymous

    Liebe Kübra,
    dass es dich ermüdet sich häufig für dein Kopftuch rechtfertigrn zu müssen und die Tatasache, dass das Kopftuch andere dazu verleitet dich augenblicklich in eine Schublade zu packen; das kenn ich aus eigner Erfahrung nur zu gut.

    Aber dann denk ich mir, wenn wir in einem sogenanntan nicht-muslimischen Land das Kopftuch tragen und unseren privaten Glauben dadurch öffentlich zur Schau stellen, dann müssen wir auch dazu bereit sein, unser Handeln zu erklären, auch wenn wir das wahrscheinlich ca. 50 Mal im Jahr machen.

    Ganz lustig finde ich es, wenn ich nicht direkt angesprochen werde, aber merke dass die Person gegenüber von mir, nur darauf brennt mir Löcher in den Bauch zu fragen; genau in diesem Moment liebe ich es Menschen vor den Kopf zu stoßen und ihnen zu signalisieren:,, Hey leg los, ich bin bereit”.

  • September 2, 2010
    reply

    es nervt schlicht und einfach auf ein stück stoff reduziert zu werden. vielleicht hilft es dir ja wenn ich sage, dass du nicht alleine bist und es mir und wahrscheinlich zig anderen kopftuchträgerinnen genauso geht. auch ich bin müde, auch ich habe es satt mich ständig zu rechtfertigen und zu erklären, dass mein kopftuch nicht für unterdrückung steht. versprich mir dass du nicht aufgibst kübra und mach weiter so – mit erhobenem haupt.
    ich verspreche es dir übrigens auch…

  • September 4, 2010
    reply

    Constanze

    Kübra und all die anderen Muslimas mit Kopftuch da draußen, ich kann euch voll verstehen, dass es irgendwann nervt, die immer gleichen Fragen beantworten zu müssen, und immer wieder auf die gleiche Art und Weise empfangen zu werden. Aber auch wenn es euch nervt, was ihr tut, wenn ihr euch rechtfertigt, ist wichtig für uns alle. Ihr beweist, dass Kopftuch und Freiheit keine Gegensätze sind. Und damit leistet ihr Aufklärungsarbeit der besten Sorte. Deswegen lasst euch nicht entmutigen, sondern macht weiter. Hoffentlich haben dann in ein, zwei Generationen alle kapiert, was ihr sagen wollt.

  • September 6, 2010
    reply

    Anonymous

    Ja, guter Komentar. Aber die Mädchenmannschaft ist auch nicht unbedingt ein Blog, der sich in die Position von anderen versetzt. Nicht nur bei “Kopftuchmädchen” …

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